Zeitzeugen des II. Weltkriegs berichten vor Schülern des Herwig-Blankertz-BKs über ihre Erlebnisse als NS-Verfolgte
„Ich freue mich, dass so viele junge Leute hier sind um meine Geschichte zu hören“, begrüßt Abram Ilmer die Schülerinnen und Schüler des Herwig-Blankertz-Berufskollegs im Erzählcafé in Recklinghausen. Der 87jährige Ilmer ist Russe und einer von vielen Zeitzeugen, die anschaulich und bewegend von ihren Schicksalen während des II. Weltkriegs erzählen. Organisiert werden diese Begegnungen mehrmals im Jahr durch den Bundesverband für NS-Verfolgte.
Am Mittwoch, den 11.04. lauschten Abiturienten und Fachabiturienten der 12. Klasse den Erlebnissen von Abram Ilmer, der als Elfjähriger kurz nach Ausbruch des Krieges mit seinen drei kleinen Geschwistern und seiner Mutter in Weißrussland vor den einmarschierenden deutschen Soldaten Richtung Osten fliehen musste. Als Menschen jüdischen Glaubens waren sie in ihrem Heimartort nicht mehr sicher, sodass sie mehrere tausend Kilometer im Zug, zu Fuß und im Pferdefuhrwerk überwinden mussten. Angst, Kälte, Krankheit, Hunger und die Bedrohung durch Bomben waren ständige Begleiter. Erst nach der Befreiung durch die rote Armee 1944 konnten sie in ihre Heimat zurückkehren. Ilmers Vater kehrte jedoch nie aus dem Krieg zurück.
Trotz der negativen Erlebnisse entschieden sich Ilmers Kinder 1998 dazu, nach Recklinghausen auszuwandern. Abram Ilmer folgte ihnen – nicht zuletzt, weil er bei Kindern und Enkelkindern sein wollte. Vielleicht ein letzter Schritt, um sich mit der Geschichte seiner Kindheit auszusöhnen. Für die hier lebenden Menschen eine Gelegenheit, sich in generationenübergreifenden Gesprächen auszutauschen und die Geschichte des eigenen Landes besser zu verstehen.
„Es war eine sehr interessante Begegnung, da wir eine andere Perspektive auf die NS-Geschichte bekommen haben“, äußert sich die angehende Erzieherin Marion Bartsch anschließend begeistert. Genau dieser Aspekt liegt Ilmer am Herzen, wenn er die Schüler mit den Worten verabschiedet, sie mögen stets mehrere Blickwinkel einnehmen und Quellen überprüfen, wenn es um die Darstellung von geschichtlichen Ereignissen geht.